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Kunststoffe in der Umwelt – Bericht des Bundesrats

Patrick Semadeni

In Erfüllung diverser Postulate hat der Bundesrat am Freitag, 23. September 2022 den Bericht «Kunststoffe in der Umwelt» veröffentlicht. Demnach wurden in der Schweiz bis heute zahlreiche Massnahmen umgesetzt, um die Umweltbelastung durch Kunststoffe zu vermindern. Trotzdem besteht noch Potenzial, um den Kunststoffeintrag in die Umwelt zu reduzieren.

Übersicht über die Einträge

Der Bericht gibt zunächst Auskunft über die Menge und Herkunft der Einträge von Kunststoffen in die Umwelt. Insgesamt gelangen 14.000 t pro Jahr an Makro- und Mikroplastik in die Umwelt.

Beim Eintrag von Makroplastik (Partikel >5 mm und Abfälle) dominiert das unsachgemässe Entsorgen (Littering, Kunststoffe in der Grüngutsammlung). Die Menge liegt bei 2.700 t/a. Beim Mikroplastik (Partikel <5 mm) ist es vor allem der Reifenabrieb, der knapp 65% des Eintrags in Böden und Gewässer ausmacht (8.900 t/a).

Die Wirksamkeit der Rückhaltemechanismen zeigt sich beim Littering: Insgesamt werden pro Jahr in der Schweiz 18.500 t gelittert, davon gelangen aber nur 2.700 t in die Umwelt.

Weitere grössere Verursacher von Kunststoffeinträgen in die Umwelt sind die Landwirtschaft mit bis zu 1.000 t/a und die Bauwirtschaft mit 910 t/a Eintrag von Makro- und Mikrokunststoff.

Stand der Verwertung

Der Bericht gibt eine Übersicht über die Verwertungsmethoden der Kunststoffabfälle:

Thermische Verwertung 660 Kt
Recycling 70 Kt
Thermische Verwertung Zementwerk 10 Kt
Export 50 Kt
Total 790 Kt


Dank diesen vorgeschriebenen Verwertungsprozessen und der gut funktionierenden Abfallwirtschaft mit effizienten Rückhaltemechanismen wird die überwiegende Menge an Kunststoffabfällen zurückgehalten und umweltgerecht entsorgt. Im Übrigen gilt seit dem Jahr 2000 ein Deponieverbot für Kunststoff in der Schweiz.

Kunststoffe sind überall in der Umwelt zu finden

Durch die 14.000 t jährlich emittierten Kunststoffe finden sich in allen Umweltkompartimenten Makro- und/oder Mikroplastik, mit Ausnahme des Grundwassers, wo bisher noch keine Mikroplastiknachweise vorliegen.

In Böden und Gewässern hingegen finden sich Kunststoffe. Der Eintrag in die Böden liegt 40-mal höher als in Gewässer (ohne Reifenabrieb). Im Boden sind Kunststoffe weitgehend immobilisiert. Auch in der Luft befinden sich Mikroplastikteilchen infolge Aufwirbelung, jedoch verbleiben sie dort nicht, sondern werden wieder auf Böden oder Gewässer deponiert. Ein kleiner Teil der in Gewässer gelangten Kunststoffe werden bis zu den Ozeanen transportiert und sedimentieren dort.

Nach derzeitigem Kenntnisstand keine Gesundheitsgefährdung – aber es gibt Wissenslücken

Der Bericht stellt fest, dass die Auswirkungen von Kunststoffen auf Menschen, Tiere, Organismen und ganze Ökosysteme vielfältig, komplex und noch wenig verstanden werden.

Diverse Studien haben bei Mikroplastik gesundheitsschädliche Effekte bei Tieren nachgewiesen, jedoch – so der Bericht – wurden diese Versuche unter relativ hohen Kunststoffkonzentrationen durchgeführt, welche deutlich über den bisher nachgewiesenen Konzentrationen liegen.

Nach aktuellem Wissensstand kann nicht von einer akuten Gefährdung von Mensch und Natur durch Kunststoffe in der Umwelt ausgegangen werden. Im Trinkwasser der Schweiz gibt es keinen Nachweis von Mikroplastik.

Jedoch hält der Bericht auch fest, dass das Wissen über die Auswirkungen der Exposition von Kunststoffen auf die menschliche Gesundheit noch begrenzt ist, was zu hohen Unsicherheiten bezüglich der Risikoabschätzung führt. Und der Bericht sieht in Kunststoffen direkte und indirekte Risiken für die menschliche Gesundheit.

Daher sind weitere Untersuchungen und Forschungen notwendig, und dem Vorsorgeprinzip folgend sollten die Einträge von Kunststoffen in die Umwelt minimiert werden.

Vorgeschlagene Massnahmen

Der Bundesrat schlägt diverse Massnahmen zur Reduktion des Eintrags von Kunststoffen in die Umwelt sowie zum besseren Verständnis der Auswirkungen vor.

Darunter befinden sich technische Massnahmen, aber auch marktwirtschaftliche Instrumente und Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, sowie Regulierung – bis hin zu Verboten auf Verordnungsstufe. Ebenso dazu gehört der Ausbau von Wissen und das internationale Engagement im Rahmen der Initiativen des Umweltprogramms der UNO (UNEP).

Positiv erwähnt der Bericht auch die von KUNSTSTOFF.swiss initiierte Sammlung von Silagefolien (Projekt ERDE), welche seit 1. April 2022 angelaufen ist. Ferner das Projekt «Sammlung 2025» der Drehscheibe Kreislaufwirtschaft, welches zum Ziel hat, Kunststoffverpackungen und Getränkekartons aus dem Siedlungsabfall schweizweit zu sammeln. KUNSTSTOFF.swiss ist im Projekt ebenfalls vertreten.

In jedem Fall moniert der Bericht dazu, dass die Massnahmen am richtigen Ort ansetzen, auf die Hauptemissionsquellen fokussieren, effizient, wirksam und verhältnismässig sind und zudem das Verursacherprinzip berücksichtigt wird. Auch weist der Bericht darauf hin, dass der Ersatz von Kunststoffverpackungen nur durch ökologisch vorteilhaftere Materialien ersetzt werden sollen. Alternativmaterialien sind nicht zwangsläufig ökologisch vorteilhafter. Grundlage soll eine Ökobilanz über den ganzen Lebenszyklus sein. Dabei soll auch das verpackte Produkt berücksichtigt werden, da die Verpackung einen bedeutend geringeren Anteil an der Umweltbelastung (1 bis 10 Prozent) als das verpackte Produkt selber (über 90 Prozent) trägt.

KUNSTSTOFF.swiss wird diesen Prozess mit Fachwissen begleiten, und dort, wo unsere Industrie Einfluss nehmen kann, aus eigenem Antrieb Lösungen vorantreiben. Ein Beispiel wird die «Operation Clean Sweep» sein, welche Pelletverluste entlang der Wertschöpfungskette – von Herstellung über Transport bis zum Verarbeiter – verhindern soll.

Denn klar ist: Kunststoffe gehören nicht in die Umwelt.

 

Quellen und Links:

Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Postulate

Bericht zu Kunststoffen: Bundesrat sieht Potenzial zur Vermeidung der Umweltbelastung (admin.ch)

BAFU: Kunststoffe in der Umwelt